Werk-Info

Scheiben und Kreise, leuchtend und doch zart und fein abgestuft, nehmen in den farbenfrohen neuen Arbeiten von Iris Flexer den Bildraum ein und erinnern an Bi-Scheiben, die im alten China den Toten mit ins Grab gegeben wurden, um ihnen den Weg in den Himmel zu weisen. Es kann eine Scheibe sein oder mehrere, die übereinander liegen, oft angeschnitten und über den Bildraum hinaus weisend, oder wie herausgestanzt das Negativ dazu: Das Loch in der Mitte der Scheibe. Oder nur der Umraum der Scheibe. All das offenbart das Thema der Arbeiten: Das Kreisen um ein Zentrum.

Da jeder Bilduntergrund differenziert ausgearbeitet ist, gewähren die Löcher und in der Überlagerung der Schichten auch die Kreise den Blick auf weite Räume im Hintergrund, Räume, in die der Betrachter sich mit eigenen Assoziationen verlieren kann. Und so erzählen diese Bilder von einer Reise ins Innere, in die Ewigkeit, und ermöglichen den Blick in den unendlichen Raum, der sich für Menschen zu öffnen vermag, wenn sie diese Erde verlassen.

Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Transparenz der einzelnen Scheiben, die durch zeitaufwändigen Handdruck auf sehr dünnem China- oder Japanpapier entsteht, das auch als Collage bei den Leinwänden zum Einsatz kommt. Oder durch hauchdünne Farblasuren, die mit dem Pinsel oft in mehreren Schichten aufgetragen werden. So gehen Grafik und Malerei manchmal nahtlos in einander über.

In den Objekten - Bücher, die vom Umschlag befreit und Seite um Seite gefaltet sind und so ein völlig neues Aussehen gewinnen - fächern sich die papiernen Seiten rund um den Buchrücken als Zentrum herum auf, Spitzen und Kanten spreizen sich nach außen, unverhofft blättern sich Schriftzeichen auf und bilden verschiedene Muster. Die den Geist ansprechende Intention des Buches gewinnt durch die Faltung eine sinnliche Komponente, zeigt die Verwandlung vom rechtwinkligen strengen Quader zur runden Form, die sich, variationsreich ausgeschmückt, zwischen Zylinder und Kegel bewegt.